Frühzeitige Erkennung von Blasenkrebs mit Hilfe von Schnelltests
Herr Dr. med. Gerson Lüdecke ist Facharzt für Urologie und Andrologie im Universitätsklinikum Gießen und Leiter der uro- onkologischen Tagesklinik.
In dem folgenden Interview haben wir den Spezialisten zu der Thematik Schnelltests zur frühzeitigen Erkennung von Blasenkrebs und dem Nutzen für Betroffene befragt. Er vergleicht marktübliche Schnelltests miteinander und begründet die Effektivität der Nutzung bestimmter Schnelltests in Bezug auf die durchzuführende Zytoskopie.
Kurzinformation zu Dr. med. Gerson Lüdecke
Facharzt für Urologie am Universitätsklinikum Gießen
Klinik und Poliklinik für Urologie,
Kinderurologie und Andrologie
Oberarzt der Klinik
Leiter uro-onkologische Tagesklinik
Warum ist die Früherkennung auf Blasenkrebs wichtig?
Früh erkannt hat das Harnblasenkarzinom eine Heilungschance von über 90%. Dagegen haben Patienten, bei denen der Blasenkrebs erst in einem späten Stadium entdeckt wird, ein hohes Mortalitätsrisiko. Leider werden immer noch etwa 30% der Patienten erst diagnostiziert, wenn das Karzinom bereits invasiv ist. Eine Früherkennung bietet eine erhebliche Chance, die Heilungsaussichten der Betroffenen deutlich zu erhöhen. Bislang fehlt aber noch der wissenschaftliche Beweis, dass dies beim Blasenkrebs erfolgreich umgesetzt werden kann.
Welche Patienten sollten mit einem Schnelltest auf urinlösliche Blasenkrebsmarker untersucht werden?
Die Methode mit der Chance auf höchste Effektivität ist eine risikoadaptierte Früherkennung. Hier sind langjährige Raucher und Personen mit beruflicher Risikoexposition und medizinisch induzierten Faktoren ab einem Alter von ca. 55 Jahren zu nennen, außerdem bietet sich diese Diagnostik als Ergänzung bei Patienten mit Symptomen auf Blasenkrebs oder in der Nachsorge. In quantifizierender Form können Schnelltests dabei sogar Prognose relevant sein. Für ein Massen-Screening in der Bevölkerung bei Personen ohne Symptome oder Risikofaktoren ist keiner der in Deutschland erhältlichen Tests bisher zugelassen oder in Leitlinien empfohlen.
Worin unterscheiden sich die in Deutschland am meisten genutzten Blasenkrebs-Schnelltests?
Die Schnelltests BTA stat, NMP22 BladderChek und UBC Rapid sind in gleicher Weise über die CE-Zertifizierung für die Diagnostik in Europa in den oben beschriebenen Indikationen zugelassen und indiziert. Der BTA stat Test reagiert falsch positiv bei Makrohämaturie und teilweise bei Mikrohämaturie, den Leitsymptomen des Harnblasenkarzinoms. Dies schränkt die Nutzung in wichtigen Bereichen ein. NMP22 und UBC Rapid habe keine solche Einschränkung und sind als ELISA und POC-Test verfügbar. UBC Rapid als POC-System bietet neben der visuellen Auswertung auch eine quantitative Messung, die eine aussagekräftigere Risikoeinschätzung ermöglicht. Bislang liegt eine direkt vergleichende Analyse aus der Universität Tübingen vor, die eine deutliche Überlegenheit für UBC Rapid gegenüber NMP22 dokumentiert. Dies muss in weiteren Analysen bearbeitet werden.
Können Blasenkrebs-Schnelltests die Zystoskopie ersetzen?
Eine Zystoskopie ist unumgänglich, wenn ein begründeter Verdacht auf Blasenkrebs besteht, und sie lässt sich nicht durch Schnelltests ersetzen. Auch bei Patienten mit bereits diagnostiziertem Blasenkrebs sind regelmäßige zystoskopische Kontrollen erforderlich. Allerdings kann die Untersuchung der Patienten mit einem Blasenkrebs-Schnelltest in den Intervallen zwischen den Zystoskopien zusätzliche Sicherheit geben. Interessanter Weise sind außerdem Daten veröffentlicht worden, die belegen, dass die Effektivität der Zystoskopie durch einen vorherigen Urintest zu erhöhen ist, da der positive Test vor Zystoskopie die Genauigkeit des Untersuchers beeinflusst und die Diagnoserate erhöhen kann.
Welchen Stellenwert haben Blasenkrebs-Schnelltests im Vergleich zur Zytologie?
Die Kombination der Zytologie mit Blasenkrebsmarkern erhöht beträchtlich die Sensitivität im Vergleich zur alleinigen zytologischen Untersuchung. Beide Methoden ergänzen sich.
Blasenkrebs entsteht zumeist in der die Blase auskleidenden Schleimhaut. Die Krebszellen teilen sich unkontrolliert und können dadurch andere Organe beschädigen. Der Blasenkrebs kann in drei Stadien unterschieden werden: Häufig entsteht das Blasenkarzinom im ersten Stadium an der Oberfläche und ist auf die Schleimhaut beziehungsweise das Bindegewebe begrenzt. Im zweiten Stadium können die Krebszellen in die Wand der Blase und die Blasenmuskeln einwachsen; im dritten sind bereits Krebszellen in anderen Organen zu finden, das heißt der Tumor metastasiert.
Typische Symptome für Blasenkrebs sind unter anderem farbliche Veränderungen des Urins, Störungen der Blasenfunktion wie Beschwerden oder Unterbrechungen beim Wasserlassen oder ein stärkerer Harndrang.
Die genaue Ursache für die Entstehung von Blasenkrebs ist nicht bekannt. Bestimmte Faktoren erhöhen allerdings das Risiko, an Blasenkrebs zu erkranken. Insbesondere Tabakkonsum vergrößert das Risiko für Blasenkrebs. Auch der Kontakt mit weiteren karzinogenen Stoffen außer dem Zigarettenrauch kann zur Entstehung von Blasenkrebs beitragen. Die Exposition von Schadstoffen kann beispielsweise bei der Arbeit stattfinden, hierbei sind verschiedene, vor allem herstellende Berufe – zum Beispiel die Gummi- oder Farbstoffindustrie, Drucker oder Friseure – oft besonders gefährdet.
Dauerhafte Erkrankungen der Blase wie beispielsweise Blasenentzündungen können auch die Entstehung von Blasenkrebs fördern.
Neben urologischen Fachbegriffen werden im Bereich Wissenswertes auch wichtige Aspekte der Onkologie vorgestellt. Diese umschließen beispielsweise die nähere Erläuterung von Diagnosemöglichkeiten wie bildgebenden Verfahren oder der Tumorklassifikation.